Die Handschrift ist der Spiegel der Seele, heißt es. Allerdings werden heutzutage viele Notizen ins Handy getippt oder Sprachnachrichten verschickt. Müssen Kinder also überhaupt noch lernen, mit der Hand zu schreiben?

Schülervertreter wollen zumindest die Schreibschrift aus dem Lehrplan streichen.

Bis zur 4. Klasse lernen Kinder nach der Druckschrift als nächstes die flüssigere Schreibschrift. Für Matteo Feind (19), Vorsitzender des Landesschülerrats (LSR) Niedersachsen, ist das nicht mehr zeitgemäß: „Statt doppelte Energie in eine auslaufende Schriftform zu stecken, sollte gezielt der sichere Umgang mit digitalen Schreibwerkzeugen gefördert werden.“

► Die Pflicht zur Schreibschrift sei „überholt und realitätsfern“. Tastaturen hätten den Stift in vielen Fällen bereits abgelöst. „Wenn wir das Schreiben als Werkzeug ernst nehmen, dann müssen wir es auch sinnvoll lehren – mit dem Ziel, dass alle Schüler selbstbestimmt, effektiv und mit Freude schreiben können“, fordert der LSR.

Bei einer Befragung des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) und des Schreibmotorik-Instituts im Jahr 2022 zeigte sich ein Drittel der Grundschullehrer mit der Entwicklung der Handschrift ihrer Schüler unzufrieden. Im Sekundarbereich ab Klasse 4 war es die Hälfte der befragten Lehrkräfte.

Die Druckschrift reiche nicht aus, um Kinder zum flüssigen und individuellen Schreiben zu befähigen, meint Niedersachsens VBE-Landeschef Franz-Josef Meyer. „Da irrt der Landesschülerrat gewaltig“, meint er. Die Abschaffung der Schreibschrift hätte Folgen für die Entwicklung der Schrift und der Schreibkompetenz.

„Aus pädagogischer Sicht gibt es gute Gründe für das Erlernen der Schreibschrift“, sagt Stefan Störmer (57), Landesvorsitzender der Lehrergewerkschaft GEW, auf BILD-Anfrage. Durch das Erlernen der Schreibschrift würden die motorischen und kognitiven Fähigkeiten gestärkt, weil bestimmte Bereiche des Gehirns aktiviert werden.

Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (38, Grüne ) erklärt, eine saubere Handschrift sei ebenso wichtig wie der richtige Umgang mit digitalen Endgeräten wie Smartphone oder Tablets : „Es ist total entscheidend, dass man trotzdem noch richtig schreiben lernt.“

Das Kultusministerium betont, den Schulen keine bestimmte verbundene Schrift vorzugeben. Deshalb gebe es keinen Anlass, an den Vorgaben etwas zu verändern.