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Neu bei BILD: Wir testen Produkte, damit SIE immer die beste Entscheidung treffen. Hier: Primitivo! Unser Experte hat drei Weine verkostet und verrät, warum ein günstiger Tropfen sogar einen teuren schlägt.
Wer einen unkomplizierten Rotwein im Glas haben möchte, greift gerne zum Primitivo. Das sonnige, warme Klima der süditalienischen Region Apulien lässt sehr reife Trauben gedeihen, die dem Primitivo seine typischen Charaktereigenschaften geben und einen bei jedem Schluck vom letzten oder dem bevorstehenden Urlaub mit Dolce Vita träumen lässt .
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Er ist sehr aromatisch und fruchtig, häufige Aromen sind reife dunkle Beeren
und Pflaume
, Gewürze wie Pfeffer
, manchmal auch dunkle Schokolade
oder Vanille
.
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Sowohl die Säure als auch die Tannine sind nicht zu dominant, das macht ihn sehr angenehm im Trinkfluss
. Tannine sind natürliche Gerbstoffe aus Traubenschalen, Kernen oder Holz, die dem Wein Struktur, Trockenheit im Mundgefühl und Reifepotenzial verleihen.
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Primitivo enthält häufig 13,5 % bis über 15 % Alkohol
. Das sorgt für ein wärmendes, vollmundiges Mundgefühl
.
- Kaum zu glauben: In der kleinen Region Apulien wird mehr Wein produziert als im 394-mal größeren Australien. Daher gibt es gute Qualität zu erschwinglichen Preisen.
Übrigens: In warmen Frühlings- und Sommermonaten einen Rotwein leicht gekühlt zu trinken, ist kein Verbrechen. Sondern erlaubt ist, was schmeckt. Normalerweise wird Primitivo ja bei 16 bis 18 Grad Celsius serviert. Eine Serviertemperatur von etwa 14–16 Grad kann den Primitivo aber sogar noch etwas frischer und fruchtiger wirken lassen, ohne dass er seine Aromen verliert oder alkoholisch „scharf“ schmeckt. Gerade dann, wenn er nicht so hochprozentig ist. Nur kühler als 12 Grad sollte er nicht werden, sonst wirken die Tannine hart und der Wein verliert an Charakter.
Michael Quandt – preisgekrönter Bestseller-Kochbuchautor, leidenschaftlicher Food-Blogger und bekennender Genussmensch– hat für den BILD-Kaufberater drei Primitivo getestet.
Testsieger : Duo Reale Sangiovese Primitivo 2024
Der Duo Reale für 6,90 Euro vereint das Beste zweier Rebsorten: Die elegante Frische des Sangiovese (wichtigste Rotweintraube der Toskana, die in kleinen Mengen auch in Apulien angebaut wird) trifft auf die fruchtige Fülle des Primitivo.
Im Glas zeigt sich das Cuvée (Wein, der aus mehreren Rebsorten oder Jahrgängen gemischt wird) ein tiefes Rubinrot mit violettfarbenen Reflexen.
In der Nase entfaltet sich ein intensives Aromenspiel dunkler Beeren, Sauerkirsche und Pflaume, untermalt von feinen Gewürznoten. Gedanklich bin ich da sofort in meinem letzten Italienurlaub beim Sonnenuntergang mit Blick aufs Meer.
Am Gaumen zeigt sich der Wein ausgewogen mit weichem Tanninen und einer angenehmen, frischen und dabei nicht zu kräftigen Säure. Die Struktur liegt zwischen samtig und kraftvoll, ohne zu schwer zu wirken. Der Abgang ist mittellang, mit dezenten Noten von reifen Früchten und einer leichten Kräuterwürze.
Ein charaktervoller, aber zugänglicher Rotwein, ideal zu Pasta mit kräftigen Soßen (z.B. Orecchiette mit Salsiccia oder Tagliatelle mit Gorgonzola), gegrilltem Fleisch oder einfach solo genossen – der perfekte Begleiter für unkomplizierte, genussvolle Abende.
Wertung (Erläuterung siehe unten):
- Farbe: 3 Punkt
- Klarheit/Reinheit: 1 Punkt
- Geruch: 3 Punkte
- Geschmack: 6 Punkte
- Gesamteindruck: 4 Punkte
Gesamtpunkte: 17 – sehr gut
Für unkomplizierte Genussmomente : Paolicelli Nero di Troia Primitivo 2024
Im Glas zeigt sich dieser Primitivo in einem satten Dunkelrot. In der Nase dominieren kräftige Holznoten und würzige Aromen, sehr zurückhaltend dagegen begleitet von dunklen roten Früchten. Das macht schon mal Freude und sollte bei dem Preis von 10,90 Euro auch erwartbar sein.
Am Gaumen präsentiert sich der Wein mit angenehmer Säure und nur wenig Tannin – so weit, so gut. Denn: Die Textur liegt irgendwo zwischen weich und vollmundig, ohne sich klar zu einer Richtung zu bekennen. Die bei einem Primitivo erwarteten intensiven Fruchtaromen bleiben fast komplett aus, ebenso enttäuschend ist der Abgang – der Wein verabschiedet sich leider schnell aus dem Gaumen und aus meinem Gedächtnis.
Ein solider, aber eher unspektakulärer Primitivo, der keine großen Überraschungen bietet. Für unkomplizierte Genussmomente durchaus geeignet, aber kein Kandidat für große Begeisterung.
Wertung:
- Farbe: 1 Punkt
- Klarheit/Reinheit: 1 Punkt
- Geruch: 3 Punkte
- Geschmack: 4 Punkte
- Gesamteindruck: 3 Punkte
Gesamtpunkte: 12 – befriedigend
Fruchtig, ein Hauch Lakritz und viel Trinkfreude : Tondoro 2023 Primitivo
Der Tondoro für 6,90 Euro präsentiert sich im Glas in einem tiefen Dunkelrot. In der Nase entfaltet sich ein intensiver Duft nach schwarzen Kirschen, begleitet von einer sehr fruchtigen Note und einem Hauch Lakritz. Eine feine Holznote rundet das Bouquet (Duft eines Weins) ab. Überraschend guter erster Eindruck.
Lakritz finde ich als Süßigkeit übrigens absolut ungenießbar – bei diesem Wein hat es mich A) überrascht und mir B) gefallen.
Am Gaumen zeigt sich der Wein weich und angenehm mit ausgewogenen Tanninen. Die Struktur ist ziemlich leicht, was ihn für einen Primitivo überraschend zugänglich macht, eine zarte Himbeernote bringt frische Akzente. Die Säure ist dezent, was den Trinkfluss angenehm beschleunigt. Und auch im Abgang bleibt ordentlich was hängen.
Wer einen leichten Alltagswein mit typischer Kirschfrucht, wenig Schwere und viel Trinkfreude sucht, trifft mit dem Tondoro eine gute Wahl. Gerade in warmen Sommermonaten ein Rotwein, der einen nicht gleich nach dem zweiten Glas aus den Socken haut.
Wertung:
- Farbe: 1 Punkt
- Klarheit/Reinheit: 1 Punkt
- Geruch: 3 Punkte
- Geschmack: 5 Punkte
- Gesamteindruck: 4 Punkte
Gesamtpunkte: 14 – gut
So testen wir : Danach wurden die Weine bewertet
0 bis 20 Punkte: Die Bewertungsskala
Die Weine konnten in der Verkostung maximal 20 Punkte erzielen. Aus dem jeweiligen Punktwert ergab sich die Endnote gemäß folgender Bewertungsskala:
- 18 bis 20 Punkte: Note 1 (hervorragend)
- 16 bis 17 Punkte: Note 2 (sehr gut)
- 14 bis 15 Punkte: Note 3 (gut)
- 12 bis 13 Punkte: Note 4 (befriedigend)
- 10 bis 11 Punkte: Note 5 (ausreichend)
- 0 bis 10 Punkte: Note 6 (ungenügend)

So setzen sich die Punkte zusammen
Die Weine wurden nicht nur in ihrer Gesamtheit, sondern auch anhand spezifischer Qualitätsmerkmale beurteilt. Für jedes Kriterium gab es eine feste Punkteskala, die feine Unterschiede im Geschmack und Eindruck sichtbar macht. Auf diese Kriterien kam es bei der Verkostung an:
Farbe
- fehlerhaft, unschön: 0 Punkte
- ansprechend: 1 Punkt
- besonders schöne Farbe: 2 Punkte
Klarheit und Reinheit
- trüb, staubig, matt, glanzlos: 0 Punkte
- klar, rein: 1 Punkt
- kristallklar, brillant: 2 Punkte
Geruch (Duft, Blume, Bukett)
- kein Geruch erkennbar, schlecht bis verdorben: 0 Punkte
- schwach, diffus, verhalten: 1 Punkt
- ansprechend, sauber, reintönig: 2 Punkte
- sehr gut entsprechend, duftig, fein: 3 Punkte
- charakteristisch, besonders fein und ausgeprägt: 4 Punkte
Geschmack (Körper, Extrakt, Süße, Säure, Tanninstruktur)
- verdorben, schlecht: 0 Punkte
- kein Weingeschmack, fremd: 1 Punkt
- leer, dünn, wenig Ausdruck: 2 Punkte
- geradlinig: 3 Punkte
- reintönig, ausdrucksstark: 4–5 Punkte
- gehaltvoll, aromatisch, reich, charaktervoll: 6 Punkte
- stilistisch, überragend, perfekt: 7 Punkte
Gesamteindruck (Harmonie, Finesse, Abgang)
- mangelhaft, unharmonisch: 0 Punkte
- kurzer Abgang, wenig harmonisch: 1 Punkt
- guter Gesamteindruck: 2–3 Punkte
- mittlerer bis langer Abgang, balanciert, typisch, delikat: 4 Punkte
- langer Abgang, hochfein, sehr harmonisch, großer Wein: 5 Punkte
Unser Fazit : Dieser Primitivo schmeckt besonders!
3 Rotweine, 2 Preisklassen – und 1 Wein knallt in der Wertung richtig nach oben! Der Duo Reale für schlanke 6,90 Euro ist der klare Sieger: fruchtig, würzig, mit Urlaubs-Feeling im Glas. Der Tondoro? Leicht, süffig, ein echter Kumpelwein zum Wegschlabbern für warme Abende. Und der Paolicelli? Leider nur Mittelmaß – kostet mehr, schmeckt aber nach weniger.